Nach einem letzten Blick auf den Dschungel und einem vorsichtigen Ausstieg aus den Kanus verließen wir frühmorgens das Bribri-Dorf. Wieder in der zivilisierten Welt angekommen, freuten wir uns über das erste Internet-Signal, das uns ein wenig wie ein verlorenes Gut vorkam. Unsere Reise führte uns in Richtung La Fortuna, aber zuvor machten wir Halt in Sarapiquí. Hier aßen wir in einem typischen Soda zu Mittag – ein Buffet mit Flussblick, das einen ganz besonderen Charme hatte. Während wir uns mit frischen, lokalen Gerichten stärkten, flogen kleine Kolibris am Flussufer entlang und verspeisten den köstlichen Nektar der dort blühenden Pflanzen.
Nach dem Mittagessen teilte sich die Gruppe. Während sich einige auf das Abenteuer Rafting freuten, entschied ich mich für die ruhigere Alternative und besuchte „Hormigas Town“, eine faszinierende Ameisenfarm mit drei Kolonien von Blattschneiderameisen – und ich sage euch, diese kleinen Tierchen sind wahre Naturwunder. Es war unglaublich, den Ameisen dabei zuzusehen, wie sie in atemberaubender Geschwindigkeit Blätter zersägten. Diese winzigen Arbeiter tragen dann Blattstücke, die oft das 10- bis 20-Fache ihres Körpergewichts wiegen, zurück ins Nest. Und dabei laufen sie nicht kreuz und quer, sondern folgen akkurat einer Duftspur, die von einer ihrer Kolleginnen gelegt wurde. Es ist ein eingespieltes Team, das genau weiß, wie man effizient von der Futterquelle zum Nest kommt.
Besonders spannend war, mehr über die verschiedenen Aufgaben der Ameisen zu lernen. Die Wächter, zum Beispiel, haben uns alle beeindruckt – winzige Bodybuilder mit Kiefern aus Stahl. Unser Guide zeigte uns, wie stark sie sind: Eine einzige Wächterameise konnte mühelos einen Stock tragen, der locker das 20-fache ihrer eigenen Größe hatte. Diese kleinen Kraftpakete sind die Bodyguards der Kolonie und lassen nichts und niemanden an ihren Pilzvorrat ran.
Apropos Pilz – die ganze Kolonie dreht sich um ihn, und der Star der Show ist dabei die Königin 1. Dieses Highlight haben wir tatsächlich zu Gesicht bekommen, und ich kann euch sagen: Die Königin zu sehen, war einfach nur beeindruckend. In der freien Wildbahn sitzt sie gut versteckt, drei bis fünf Meter unter der Erde – unauffindbar. Aber hier in der Ameisenfarm konnten wir sie in ihrer ganzen Pracht bestaunen. Neben einer normalen Ameise wirkte sie wie ein echtes Schwergewicht – riesig, majestätisch und voller Verantwortung.
Die Königin beginnt ihr Leben übrigens komplett alleine. Sie wird mit einem kleinen Pilz ausgestattet und muss sich eine neue Kolonie von Grund auf aufbauen. Dieser Pilz ist nicht nur ihre Nahrungsgrundlage, sondern auch die Lebensader des gesamten Volkes. Sie pflegt ihn, vermehrt ihn und sorgt dafür, dass er wächst. Und auf dieser Basis errichtet sie schrittweise ihre Ameisenkolonie. Es ist wirklich bewundernswert, wie viel Stärke und Organisation in diesen kleinen Wesen steckt.
Dieser Besuch hat mir noch einmal gezeigt, wie unglaublich beeindruckend die Natur ist – vor allem, wenn man sie aus so einer Nähe erleben kann.

Am Abend erreichten wir schließlich das Arenal Paraiso Hotel in La Fortuna, und endlich durften wir uns wieder auf ein echtes Hotelzimmer mit richtigen Betten freuen – ein Luxus, nach den letzten Nächten im Dschungel. Natürlich gab es auch hier ein paar Heckenbewohner, aber dieses Mal mussten wir uns nur mit friedlichen Geckos begnügen, was deutlich angenehmer war als Spinnen oder Kakerlaken. Der berühmte Vulkan Arenal blieb jedoch hinter einer dichten Wolkendecke verborgen, und so mussten wir auf einen Blick auf das imposante Prachtexemplar noch warten.
Am nächsten Morgen ging es dann in den Tenorio-Nationalpark. Wir machten eine Wanderung durch den üppigen Regenwald, und der erste Stopp war ein beeindruckender Wasserfall, der in den Dschungel hinabstürzt. Der Abstieg war zwar ein wenig anstrengend, aber die Aussicht von unten entschädigte uns für alles. Das glitzernde Wasser fällt in eine türkisfarbene Gischt, die aussieht, als hätte jemand mit einem riesigen Farbkasten über das Wasser gestrichen. Einfach faszinierend! Weiter ging es entlang des Río Celeste, dessen türkisblaues Wasser durch Mineralablagerungen und Lichtreflexionen 2 entsteht. Die Farben sind so intensiv, dass man fast denkt, die Natur hat hier ihr eigenes Kunstwerk erschaffen. Der Regen an diesem Tag machte den Weg zwar etwas rutschig, aber die unbeschreibliche Schönheit der Umgebung ließ uns die vom Matsch triefenden Schuhe 3 schnell vergessen.

Zurück am Startpunkt der Wanderung gab es frische Mango mit Tajín, eine Mischung aus Chili, Salz und Limette, die uns den perfekten frischen Kick gab. Danach genossen wir noch etwas Zeit in La Fortuna, bevor wir den Tag in den heißen Quellen des Hotels ausklingen ließen. Auch wenn der Vulkan weiterhin hinter den Wolken versteckt blieb, bot uns das entspannende Bad in den warmen Quellen eine herrliche Möglichkeit, den Tag perfekt abzurunden.
Am nächsten Morgen fuhren wir an den Fuß des Arenal, wo wir auf dem erkalteten Lavastein wanderten. Der Weg führte uns durch eine faszinierende Landschaft aus scharfkantigen Felsen, die das Ergebnis früherer Lavaausbrüche sind. Es handelt sich dabei um sogenannte Basaltlava, die nach dem Abkühlen in scharfe, kantige Stücke zerfallen ist. Die Lavafelder waren zwar nicht so majestätisch wie manche, die ich aus anderen Gegenden kenne, aber ihre Schroffheit und raue Schönheit hatten dennoch etwas Besonderes. Der Arenal ist der jüngste Vulkan Costa Ricas und hatte seinen letzten Ausbruch im Jahr 2010. Wir waren sehr erleichtert, dass er seitdem in eine ruhige Phase übergegangen ist und uns kein Lavafluss begegnete.
Der Blick von den Lavafeldern war atemberaubend: Auf der einen Seite war der Arenal und auf der anderen Seite öffnete sich ein wunderschöner Blick auf den Arenal-Stausee, der in der Sonne glitzerte. Leider blieb uns die Chance verwehrt, den Arenal in seiner ganzen majestätischen Pracht zu bewundern. Stattdessen hüllte sich der Vulkan an jedem unserer Besuche in eine dicke Wolkendecke – als wollte er seine Geheimnisse für sich behalten. Aber auch ohne die beeindruckende Silhouette des Stratovulkans war die Landschaft rund um den Arenal atemberaubend.
Ein besonderes – wenn auch eher schreckhaftes – Erlebnis hatten wir jedoch auf unserer Wanderung zurück zum Startpunkt. Fast wäre jemand aus unserer Gruppe auf eine gut getarnte Terciopelo-Lanzenotter getreten, eine der gefährlichsten Giftschlangen Mittelamerikas. Besonders die Jungtiere, wie das Exemplar, dem wir begegneten, können ihr Gift nicht richtig dosieren, was einen Biss umso gefährlicher macht. Zum Glück blieb die Schlange ruhig liegen, wahrscheinlich genauso erschrocken wie wir. Unser Guide erklärte uns später, wie wichtig es ist, bei solchen Wanderungen immer achtsam zu sein, da diese Schlangen wahre Meister der Tarnung sind.
Nach diesem kleinen Adrenalinschub und einer ordentlichen Portion Respekt vor der Natur setzten wir unseren Weg nach Monteverde fort.
