Monteverde hinter uns lassend, schlängelte sich unser Weg in Richtung Rincón de la Vieja durch die grüne Hügellandschaft, während sich die Straßen in sanften Kurven bergab winden. Ein perfekter Moment für einen Zwischenstopp, denn wir besuchten die Kaffeefinca der Familie Bello – ein Paradies für Kaffeeliebhaber und alle, die sich fragen, warum Kaffee aus Costa Rica eigentlich so verdammt gut schmeckt. Hier wird nicht in Monokultur angebaut, sondern in harmonischer Gesellschaft von Bananen-, Mango- und Avocadobäumen. Der Trick dahinter? Diese Mischkultur schützt die Kaffeepflanzen vor Krankheiten, spendet Schatten, verbessert die Bodenqualität und lockt eine Vielfalt an Nützlingen an – gewissermaßen ein kleines Ökosystem für den perfekten Kaffee. Die Kaffeepflanzen selbst sind dabei so gezüchtet, dass sie nicht höher als ein Mensch werden, denn die Bohnen werden hier ausschließlich per Hand gepflückt – Maschinen hätten auf dem steilen, unebenen Gelände ohnehin keine Chance. Angebaut werden hier primär Arabica-Sorten, denn in Costa Rica ist der Anbau von minderwertigem Robusta-Kaffee per Gesetz verboten. Das Ergebnis? Ein Kaffee, der besonders mild, aromatisch und oft mit fruchtigen Noten daherkommt.

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Während der Betreiber uns mit Begeisterung durch seine drei Plantagen führte, zeigte er uns immer wieder kleine Highlights – bewaffnet mit einer Machete, die hier nicht nur zum Ernten, sondern auch zur Verteidigung gegen Schlangen und andere Überraschungsgäste dient. Wir durften die süße Kaffeebeere 2 direkt vom Strauch probieren und erlebten wie schon bei der Kakaobohne eine geschmackliche Überraschung: kein bisschen nach Kaffee, sondern eher fruchtig, süß und erfrischend. Als Bonus gab es eine Kostprobe von ganz frischem Ingwer, den die Familie ebenfalls anbaut – und der hatte es in sich. Ein scharfer Kick, der für den nötigen Wachmacher sorgt, falls der Kaffee mal nicht reicht. Zum Abschluss verwöhnte uns die Familie mit einem Mittagssnack, begleitet von einer Tasse ihres selbst angebauten Kaffees – ein Traum für alle Kaffeefans. Natürlich gab es die Möglichkeit, eine Packung für zu Hause mitzunehmen – eine Souvenir-Wahl, die ich mir nicht entgehen ließ.

Gestärkt ging es weiter Richtung Rincón de la Vieja, und die Landschaft veränderte sich spürbar: Das satte Grün des Nebelwaldes wich trockener, karger Vegetation. In der Cañon de la Vieja Lodge angekommen, blieb kaum Zeit zum Verschnaufen – wir bezogen unsere rustikalen Holzhütten, schlüpften in unsere Badesachen und wurden auch schon auf die Ladefläche eines Jeeps verfrachtet, der uns zum nahegelegenen Canyon brachte. Dort wartete das nächste Abenteuer: Tubing! 3 Mit Helm und Schwimmweste bewaffnet, stürzten wir uns in großen, bunten Reifen in den Fluss. Die Mischung aus entspannten Abschnitten, in denen man gemütlich treiben konnte, und engen, reißenden Passagen machte den Spaß perfekt. Die Guides halfen, wo es knifflig wurde, aber ein paar unfreiwillige Tauchgänge konnten nicht vermieden werden. Der Wasserstand war sehr niedrig, und so kamen ein paar Schürfwunden als Souvenir gratis dazu – doch die Abkühlung bei über 30 Grad war es absolut wert. Als krönender Abschluss flatterten im Canyon kleine Fledermäuse um uns herum, die von unserer Durchfahrt überrascht wurden. Ein paar Schreie später und mit einem breiten Grinsen im Gesicht endete unser kleines Flussabenteuer. Mein Tipp: Wasserschuhe sind bei diesem Erlebnis ein absolutes Muss, denn das Flussbett ist voller Steine – teils scharfkantig – und barfuß wäre das Ganze eher eine schmerzhafte als eine spaßige Erfahrung.

Am nächsten Morgen stand der Rincón de la Vieja Nationalpark auf dem Programm – ein faszinierendes Stück Natur mit einer Mischung aus Trockenwald, vulkanischer Aktivität und beeindruckender Tierwelt. Der erste Rundweg, etwa fünf Kilometer lang, führte uns vorbei an exotischen Vögeln und sogar ein paar giftigen Schlangen – sicherer Abstand inklusive. Der Rincón de la Vieja ist einer der aktivsten Vulkane Costa Ricas und zeigt regelmäßig beeindruckende geothermische Aktivitäten. Zum Glück war er während unseres Besuchs ruhig – so konnten wir den Nationalpark genießen, ohne uns Sorgen um plötzliche Überraschungen aus der Tiefe machen zu müssen. Besonders spannend waren die vulkanischen Erscheinungen: Fumarolen und brodelnde Schlammlöcher 4, aus denen heißer Schwefeldampf aufsteigt und die Luft mit ihrem typischen, sagen wir mal, “aromatischen” Duft nach faulen Eiern würzte. Die Landschaft war überraschend abwechslungsreich – steppenartige Grasflächen, Sukkulenten, grüne Wälder und daneben scheinbar tote Bäume, die aber nur ihre Blätter abgeworfen haben, um der Hitze zu trotzen. Besonders beeindruckend war ein Baum, der von einer parasitären Liane, auch Würgefeige 5 genannt, langsam erstickt wurde – ein stiller, aber faszinierender Überlebenskampf mitten im Wald.

Für die besonders Abenteuerlustigen gab es die Möglichkeit, eine ca. zehn Kilometer lange Wanderung zum Wasserfall La Cangreja zu unternehmen – steil, steinig und bei 35 Grad eine echte Herausforderung. Ich entschied mich für die vernünftigere Variante: einen entspannten Nachmittag am Pool, begleitet von Leguanen, die sich ebenso genüsslich in der Sonne aalten. Und während die Wanderer erschöpft, aber glücklich zurückkehrten, genoss ich einfach den Moment – denn so fühlt sich Pura Vida an.

 


  1. https://unsplash.com/de/@projetocafegatomourisco

  2. Tubing ist eine Wassersportart, bei der man in einem großen, aufgeblasenen Reifen einen Fluss hinuntertreibt, oft durch Stromschnellen und enge Passagen.

  3. Würgefeige